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Fortbewegung im Boxkampf [MMA-Serie]

  • Autorenbild: versus
    versus
  • 5. Jan. 2024
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 27. Juli 2024

Auch im dritten Artikel unserer Box-Serie tänzeln wir immer noch um das Thema “Schläge” herum, doch wie schon bei Meister Miyagi hat unser Vorgehen System: Wir wollen erst unser wortwörtliches Fundament (unsere Beinarbeit) festigen, bevor wir ans Eingemachte gehen. Anders als diesem körnigen Introtext muss der Bewegung im Boxring von A nach B jedoch von Beginn an viel Aufmerksamkeit geschenkt werden um ein Muskelgedächtnis aufzubauen, das später die Beinarbeit zu einem unterbewussten Prozess degradiert, wodurch man sich vollends auf das wesentliche im Boxen konzentrieren kann: Dem Austeilen und verteidigen von Schlägen.


von versus


Wenn es darum geht, sich im Boxring von Punkt A nach Punkt B zu bewegen, kann die Fußarbeit in drei Haupttypen unterteilt werden: linear (gerade), seitlich (bzw. diagonal) und schwenkend. Jede Art dient unterschiedlichen Zwecken und wird von Boxern strategisch eingesetzt, um die Distanz zu kontrollieren, Angriffe vorzubereiten und gegnerischen Schlägen auszuweichen.


Im Gegensatz zur Fortbewegung im Alltag wird nicht ein Bein vor das andere gesetzt, sondern es wird grundsätzlich bei jeder Bewegungssequenz jenes Bein zuerst Bewegt, das der gewünschten Richtung am nächsten ist (den diagonalen Grundstand im Boxen haben wir in unserem ersten Artikel besprochen).


Linear

Orthodox vs. Southpaw

Bei der linearen Fußarbeit bewegt man sich direkt in einer geraden Linie vorwärts oder rückwärts. Bei einer Vorwärtsbewegung (Push Step) wird, basierend auf oben genannter Grundannahme, das vordere Bein zuerst nach vorne gesetzt. Das Nachsetzen des hinteren Beines wird dann zur Bewegung des Oberkörpers genutzt. Am Ende steht man wieder in der Ausgangsposition. Analog umgekehrt geht man bei der Rückwärtsbewegung (Back Step) vor - zuerst das hintere Bein, danach das Vordere. Dadurch wird die kurze Instabilität, die mit jeder Bewegung im Kampfsport einhergeht, auf ein Minimum reduziert. Diese Art der Bewegung ist von grundlegender Bedeutung, wenn es darum geht, die Distanz zu schließen, um einen Gegner anzugreifen oder Distanz zu schaffen, um Angriffen auszuweichen. Boxer nutzen die lineare Beinarbeit, um sich für offensive Manöver auf den Gegner zuzubewegen oder um sich defensiv zurückzuziehen.


Lateral


Bei der lateralen Beinarbeit (Side Step) bewegt man sich in seitlicher Richtung. Wenn man nach rechts will zuerst mit dem rechten Bein, wenn man nach links will, zuerst mit dem linken (ausgehend von einer orthodoxen Beinstellung). Diese Art der Bewegung ist entscheidend für die Schaffung von Winkeln, das Abschneiden des Rings und das Ausweichen vor den Schlägen des Gegners. Boxer nutzen die seitliche Beinarbeit, um sich für effektive Angriffe zu positionieren oder um sich aus der Schusslinie des Gegners zu bewegen.


Schwenken


Bei einer Schwenkbewegung (Pivot Step) dreht man sich auf dem Fußballen des vorderen Fußes und setzt das hintere Bein versetzt hinter sich, je nachdem, in welche Richtung man sich drehen will. Wie immer landet man nach korrekter Ausführung in der Grundstellung. So wird der Winkel zum Gegner verändert, ohne ihn aus dem Blick zu verlieren. Boxer nutzen die Drehung, um Angriffsöffnungen zu schaffen, Schlägen auszuweichen und Verteidigungspositionen einzunehmen. Die Drehung wird oft mit einer seitlichen Bewegung kombiniert, um eine dynamischere und vielseitigere Fußarbeit zu ermöglichen.


Einsatzszenarien


Distanzsteuerung

Boxer nutzen die lineare Beinarbeit, um die Distanz schnell zu verringern und in Schlagweite des Gegners zu kommen. Dies wird oft von Jabs oder Feints begleitet, um die Distanz abzuschätzen und Öffnungen zu schaffen. Ebenso kann eine lineare Bewegung defensiv genutzt werden, um Distanz zu schaffen und so Schlägen auszuweichen.


Ausweichen

Seitliche Fußarbeit wird eingesetzt, um sich seitlich an den Seilen (bzw. im MMA am Cage) entlang oder um den Gegner herum zu bewegen. Dies hilft den Boxern, direkte Konfrontationen zu vermeiden, indem man der Angriffslinie entgeht und um aus den Ecken zu entkommen.


Schaffen von Winkeln

Die seitliche Bewegung in Kombination mit dem Drehen ermöglicht es den Boxern, Winkel für Angriffe und Verteidigungen zu schaffen. Durch diagonale Bewegungen und Richtungswechsel kann ein Boxer seinen Gegner überrumpeln und effektive Gegenangriffe starten oder den Gegner bei einem Frontalangriff ins Leere laufen zu lassen.


Aufbau von Kombinationen

Die Drehung ist für den Aufbau von fortgeschrittenen Kombinationen unerlässlich. Durch schnelles Drehen kann sich ein Boxer für Folgeschläge positionieren und es dem Gegner schwer machen, die nächste Schlagsequenz vorherzusehen.


Fazit

Suboptimale Beinarbeit

Hat man diese drei Grundarten der Fortbewegung im Kampf verinnerlicht, geht es um den letzten Schliff. Grundsätzlich verlagert man das Gewicht konstant und schnell von einem Fuß auf den anderen und wieder zurück, wobei die Fersen nie den Boden berühren, um so unvorhersehbarer und flinker sein zu können. Man steht nie ruhig und statisch sondern tänzelt durchgehend.


Ein geübter Boxer integriert diese Arten der Fußarbeit nahtlos und passt sich der Dynamik des Kampfes an. Die Fähigkeit, zwischen linearer, seitlicher und schwenkender Beinarbeit zu wechseln, ist entscheidend, um das Gleichgewicht zu halten, das Tempo des Kampfes zu kontrollieren und einen strategischen Vorteil gegenüber dem Gegner zu erlangen.


Beinarbeit in anderen Kampfsportarten


Da dieser Artikel Teil unserer MMA-Serie ist, wollen wir auch einen kurzen Blick auf andere Kampfsportarten und -künste werfen:


Lineare Beinarbeit

Bei der linearen Beinarbeit, die in den japanischen, koreanischen und europäischen Kampfkünsten üblich ist, bewegt man sich in geraden Linien und legt Wert auf Geschwindigkeit beim Vormarsch und Rückzug. Japanische und koreanische Schlagkünste verwenden sie für kraftvolle Schläge, während chinesische Künste sich darauf konzentrieren, in der Mittellinie des Gegners zu bleiben und den Nahkampf auszutragen.


Dreieckige Beinarbeit

Die in südostasiatischen Kampfkünsten wie Kali-Arnis-Escrima und Silat beliebte dreieckige Fußarbeit umfasst diagonale Bewegungen, um den Gegner zu verwirren. Es gibt drei Arten: männliche, weibliche und seitliche Dreiecke, wobei die Betonung auf Ausweichen statt Blocken und effizienten Gegenangriffen liegt.


Kreisförmige Beinarbeit

Die kreisförmige Fußarbeit ist ein fester Bestandteil traditioneller chinesischer Kampfkünste wie Baguazhang, Xingyiquan und Taijiquan und wird in einem Winkel ausgeführt, um den blinden Fleck des Gegners zu besetzen und die Schläge effektiver zu machen. Auch im Enshin-Karate wird die kreisförmige Fußarbeit eingesetzt, um die Angriffsmöglichkeiten des Gegners einzuschränken.


Unkonventionelle Beinarbeit

Einige Kampfkünste lassen sich nicht in Kategorien einordnen, wie bestimmte chinesische Kung-Fu-Stile mit Tiernachahmung. Capoeira, eine brasilianische Kampfsportart, verwendet tänzerische Beinarbeit für Angriff und Verteidigung. Muhammad Alis unkonventionelle tänzerische Fußarbeit beeinflusste Bruce Lees Jeet Kune Do (der Vorgänger zum heutigen MMA) und löste 1966 in Europa sogar einen kurzen Tanz-Hype aus.






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