BJJ Gameplan
- versus
- 3. Apr.
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Wie bereits mehrfach erwähnt ist BJJ wohl die zerebralste Disziplin im MMA. So mag zu Beginn die Fülle an Positionen, Angriffen und Kontern undurchdringlich komplex wirken und man reagiert viel mehr, als zu agieren. Viele Trainierende gehen ohne einen klaren Plan ins Training oder sogar den Wettkampf und ohne zu wissen, dass es auch anders gehen könnte. Für Anfänger ist ein Framework besonders wertvoll, denn es bietet Orientierung inmitten der überwältigenden Fluidität des BJJ. In diesem Leitfaden wollen wir erläutern, wie man einen BJJ-Gameplan erstellt, der einen festen und wiederholbaren Weg bietet und gleichzeitig an Echtzeit-Herausforderungen angepasst ist. Denn wie Mike Tyson bereits in einer ewigen Wahrheit festgehalten hat: "Everyone has a plan until he gets punched in the face."
Dieser Post ist Teil unserer MMA-Serie. Alle bereits erschienenen Serienteile findest du hier.
Warum überhaupt einen Gameplan erstellen?
Die Entwicklung eines strukturierten Gameplans im BJJ ist ein wichtiger, aber oft übersehener Aspekt des Trainings, da in den meisten Klassen kaum Zeit für die Vermittlung theoretischer Konzepte bleibt. Daher sind sich die meisten Anfänger gar nicht über die Existenz des Konzeptes eines Gameplans bewusst. Die Befolgung eines konsistenten Algorithmus ermöglicht es den Trainierenden jedoch, sich systematisch auf die verschiedenen Situationen mit dem Trainingspartner einzustellen und die mentale Überforderung zu reduzieren.

Außerdem beschleunigt es den Fortschritt, indem man ein geistiges Modell des Sports zur Verfügung hat, das das vermeintlich Chaos in nachvollziehbare, strategische Pfade und Ziele verwandelt, auf die man sich immer wieder zurück manövrieren und auf die man hinarbeiten kann.
Wenn man das Training um vertraute Techniken herum strukturieren und sich so an der eigenen Komfortzone entlang hangelt, gewinnt man an Selbstvertrauen, während sich die eigenen Fähigkeiten schrittweise verbessern. Intuition ist zwar wertvoll, aber man macht sich das Leben auf der Matte nur unnötig schwer, wenn man ausschließlich improvisiert.
Wie sieht so ein Gameplan denn nun aus?
Ein Gameplan sieht erstmal unspektakulär projektplanerisch aus. Man unterscheidet zwischen einem A-Game und einem B-Game. Das A-Game ist der präferierte Plan; der, bei dem man dem Gegner seinen Willen aufdrückt. Das B-Game kommt dann zum Einsatz, wenn das A-Game versagt hat.
Der Plan kann in seiner Komplexität stark variieren. Man muss selbst beurteilen, wie detailliert man ihn erstellen will und welche Situationen man nicht explizit ausformulieren muss.
Eine maximal reduzierte Variante, die uns als Grundlage dient, könnte so aussehen:

Da ein in einem Kampf jedoch selten alles linear verläuft und beispielsweise ein Takedown, vor allem als Novize, eine ziemliche Wildcard sein kann (man landet entweder in der Guard des Gegners, außerhalb davon oder gleich in einer der Top Positionen), müssen die ersten Alternativpfade her:

Aber wie bereits angesprochen, hat auch der Gegner einen Plan und wenn er besser darin ist, seinen gegen unseren durchzusetzen, müssen wir auch dafür gewappnet sein. Hier kommt das B-Game zum Tragen. In unserem Beispiel werden wir zu Beginn vom Gegner zu Boden gebracht:

Beides zusammengeführt sieht folgendermaßen aus:

Disclaimer: Dieser Gameplan ist stark vereinfacht und kann, wie eingangs bereits beschrieben, beliebig komplex werden. So haben wir auf Escapes, Guard Pulls und Kniee als Ausgangsposition usw. verzichtet um die Übersichtlichkeit zu wahren und es grafisch nicht zu überwältigend gestalten zu müssen. Er dient als Inspiration und Einladung, ihn seinem eigenen Kampfstil entsprechend anzupassen.
Worauf muss man beim Erstellen eines Gameplans achten?
Es liegt also jetzt an dir, die Felder mit deinen Lieblingspositionen, Passes, Sweeps und Submissions zu befüllen. Denke dabei stets daran, dass dein Gameplan dich widerspiegeln sollte. Stelle also Fragen an deinen Körpertyp, deine Persönlichkeit und deine Ziele.
Körpertyp: Hast du lang Gliedmaßen, könntest du Triangles und die Spiderguard bevorzugen, während ein stämmiger Grappler sich durch Pressure Passing auszeichnen könnte.
Persönlichkeit: Entwickle einen Smash-Passing-Stil und jage Submissions, wenn du aggressiv bist. Ein defensiver Spieler perfektioniert wohl eher sein Guard-Spiel und die Submissions aus ebenjenen.
Ziele: Trainierst du für Wettkämpfe, macht es Sinn sich auf hochbepunktete Positionen zu fokussieren, wohingegen eine an Selbstverteidigung interessierte Person mehr an Escapes, Clinch-Situationen und Standup-Recovery interessiert sein dürfte.
Fazit
Ein Gameplan bietet also die Möglichkeit den Kopf beim Rollen frei zu bekommen, und innerhalb eines Systems kreativ zu sein. Indem man feste Pfade aufbaut und sie ins Muskelgedächtnis eintrainiert, verbringt man weniger Zeit mit Denken und dementsprechend Zögern.
Es geht aber auch nicht unbedingt darum, jede Sekunde des Kampfes zu kontrollieren - es geht vielmehr darum, sich selbst zu kontrollieren. Anfänger wühlen sich explosiv durch willkürliche Techniken; Fortgeschrittene verketten ihre Techniken elegant zu Sequenzen.
Konzentriere dich auf dein A-Game, bleibe anpassungsfähig und lass dich von deinem System zum Sieg tragen. Aber denke daran, dass Mike Tyson Dekaden nach seinem ursprünglichen Zitat jene Fußnote hinzugefügt hat:
"And sometimes they punch you back in the face. They have a plan, too, you gotta be careful with that."
Dieser Post ist Teil unserer MMA-Serie. Alle bereits erschienenen Serienteile findest du hier.
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