Regeln der Mixed Martial Arts [MMA-Serie]
- versus
- 27. Jan. 2023
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Juli 2024
Bevor man den ersten Fuß in das MMA-Gym seiner Wahl setzt, erachten wir es für sinnvoll, sich mit den Regeln, dieses ja doch gefährlichen Sports auseinander gesetzt zu haben um zum Beispiel unnötige Verletzungen und Ärger mit den Trainingspartner zu vermeiden. Dieses Regelwerk wurde an einem gewissen Punkt in der Vergangenheit eingeführt, um zu gewährleisten, dass MMA-Kämpfe für die Athleten sicher und für das Publikum auf Dauer auch unterhaltsam sind. In der größten MMA-Organisation, der UFC, finden die sogenannten "Unified Rules" Anwendung, wohingegen im asiatischen Raum (genauer, bei ONE Championship) mehr die, auf spektakuläre Finishes ausgelegten, "Global Rules" gelten. Wir wollen uns in diesem Artikel die für uns, als im Westen trainierende Sportler, relevanteren Unified Rules näher ansehen.
von versus

Die Regeln der meisten Mixed-Martial-Arts-Wettkämpfe haben sich seit den Anfängen des Vale Tudo weiterentwickelt. Mit dem Fortschreiten des Wissens und der Verbreitung von Kampftechniken unter Zuschauern und Kämpfern wurde deutlich, dass die frühen minimalistischen Regelsysteme geändert werden mussten. Einige der Beweggründe für diese Änderungen waren:
Schutz der Gesundheit der Kämpfer. Mit dieser Änderung sollte vor allem das Stigma des "barbarischen, regellosen Kampfes" beseitigt werden, das dem MMA aufgrund seiner Wurzeln im Vale Tudo anhaftete. Es half den Kämpfern auch, Verletzungen zu vermeiden, die andernfalls das Trainingstempo unterbrochen hätten, was wiederum die Qualität der Kämpfer und folglich auch die Qualität der Kämpfe verbesserte.
Spektakel für die Zuschauer. Die Regeln erleichterten es guten Kämpfern, sich zu zeigen, indem sie nicht zu lange am Boden bleiben mussten. Denn der Bodenkampf wird vom Schiedsrichter nach zu langer, nicht erkennbarer Aktivität, aufgelöst und die zwei Kämpfer müssen sich wieder in die Standposition begeben.
Verboten im MMA sind Augenstiche und Tiefschläge. Fäuste, Ellbogen, Knie und Fußtritte hingegen sind bei Käfigkämpfen, in denen die Kämpfe in der Regel ausgetragen werden, zulässig. In jüngerer Zeit ist es auch verboten, einen am Boden liegenden Gegner zu treten (wenn diese Aktion von einem stehenden Gegner ausgeführt wird). Kopfstöße wurden verboten, weil es sich dabei um Angriffe handelte, die wenig Kraft und Technik erforderten und einen Kampf in ein blutiges Spektakel verwandelten.
Kleine Handschuhe mit freien Fingern wurden eingeführt, um die Knöchel und Knochen der Hände bei Schlägen zu schützen. Einige Kämpfer kamen bereits mit abgehärteten Fäusten in den Kampf, andere, die sich beispielsweise mehr auf den Bodenkampf und Submissions fokussierten, vielleicht nicht. Der Mundschutz wurde auch zum Schutz der Zähne vor Frakturen angenommen.
Es wurden Zeitlimits festgelegt, um lange Kämpfe am Boden zu vermeiden, bei denen die Zuschauer kaum etwas mitbekommen. Die nicht zeitlich begrenzten Kämpfe der frühen Wettkämpfe erschwerten auch die Übertragung der Kämpfe. Wie oben bereits erwähnt, entstand aus einer ähnlichen Motivation heraus die Aufstehregel, bei der der Kampfrichter die Kämpfer zum Aufstehen auffordern kann, wenn er der Meinung ist, dass beide Kämpfer am Boden liegen oder keine nennenswerten Fortschritte machen.
Gewichtsklassen
Die Gewichtsklassen sind entstanden, als sich das Wissen über Submissions und Pinning verbreitete und festigte. Da die Kämpfer in dieser Hinsicht immer besser wurden, wurden auch die Gewichtsunterschiede zu einem wesentlichen Faktor.
Die Gewichtsklassen sind folgendermaßen aufgeteilt:
Fliegengewicht: bis zu 48,7 kg
Bantamgewicht: zwischen 48,7 kg und 61,2 kg
Federgewicht: zwischen 61,2 kg und 65,7 kg
Leichtgewicht: zwischen 65,7 kg und 70,3 kg
Weltergewicht: zwischen 70,3 kg bis 77,1 kg
Mittelgewicht: zwischen 77,1 kg und 83,9 kg.
Halbschwergewicht: zwischen 83,9 kg und 92,9 kg
Schwergewicht: zwischen 92,9 kg und 120,2 kg)
Superschwergewicht: keine Gewichtsobergrenze
Fouls
Die folgenden Handlungen stellen exemplarisch Fouls in einem MMA-Wettkampf dar und können nach Ermessen des Schiedsrichters zu Strafen führen, wenn sie begangen werden:
Kopfstöße
Jede Art von Augenstechen
Beißen
Einen Gegner anspucken
Haare ziehen
Fish Hooking (den Finger in den Mund des Gegners stecken und nach oben ziehen)
Jede Art von Angriff auf die Leiste
Stecken des Fingers in einen Schnitt oder eine Wunde des Gegners
Umbiegen der Finger
Mit der Ellbogenspitze nach unten schlagen
Schläge auf die Wirbelsäule oder den Hinterkopf
Schläge jeglicher Art gegen die Kehle, einschließlich des Ergreifens der Luftröhre
Greifen, Zwicken oder Verdrehen der Haut
Einem gefallenen Gegner gegen den Kopf treten
Festhalten am Käfig
Ergreifen der Shorts oder Handschuhe eines Gegners
Verwendung obszöner Sprache innerhalb des Rings
Unsportliches Verhalten, das zu einer Verletzung eines Gegners führt
Angreifen eines Gegners während einer Pause
Angreifen eines Gegners, der gerade vom Schiedsrichter betreut wird
Angreifen eines Gegners, nachdem die Glocke zur Beendigung der Runde geläutet wurde
Zurückhaltung, einschließlich, aber nicht beschränkt auf das absichtliche Vermeiden von Kontakt mit einem Gegner, absichtliches oder wiederholtes Werfen des Mundschutzes oder Vortäuschen einer Verletzung
Werfen eines Gegners aus dem Ring
Vorsätzliche Nichtbefolgung der Anweisungen des Schiedsrichters
Auftragen einer fremden Substanz auf das Haar oder den Körper, um sich einen Vorteil zu verschaffen
Das 10-Point-Must-System
Das "10-Point-Must-System", das im MMA zur Bewertung des Siegers eines Kampfes (bei nicht-KO oder Aufgabe) eingesetzt wird, kommt Ursprünglich aus dem Boxsport.
Wenn es keinen "Knockout" oder keine Disqualifikation gibt, wird der Kampf durch die Entscheidung der Kampfrichter entschieden. In den Anfängen des Boxens entschied der Schiedsrichter über den Sieger, indem er am Ende des Kampfes den Arm hob - eine Praxis, die noch immer, auch im MMA, angewandt wird.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es üblich, dass der Schiedsrichter oder Kampfrichter den Sieger eines Kampfes nach der Anzahl der gewonnenen Runden bestimmte. Um die Verlässlichkeit der Wertung zu erhöhen, wurden neben dem Kampfrichter zwei Ringrichter eingesetzt, und der Sieger wurde durch Mehrheitsentscheid ermittelt. Seit Ende des 20. Jahrhunderts ist es üblich, dass alle drei Ringrichter als Beobachter in der ersten Reihe sitzen. Beim MMA sind diese um das Oktagon verteilt.
Am Ende des Kampfes addieren die Kampfrichter ihre Punkte für alle Runden auf und ermitteln einen Sieger. Wenn alle drei Kampfrichter denselben Kämpfer zum Sieger erklären, gewinnt dieser Kämpfer durch "unanimous decision". Wenn zwei Kampfrichter sich einig sind, dass ein Kämpfer den Kampf gewonnen hat, und der dritte Kampfrichter ihn als unentschieden einstuft, gewinnt der Boxer durch "majority decision". Sind sich zwei Kampfrichter einig, dass ein Boxer den Kampf gewonnen hat, und entscheidet sich der dritte Kampfrichter für den anderen, so gewinnt der erste Boxer durch "split decision". Wenn ein Kampfrichter einen Boxer zum Sieger erklärt, der zweite Kampfrichter den anderen Boxer und der dritte Kampfrichter ein Unentschieden feststellt, gilt der Kampf als unentschieden oder "no contest". Der Kampf gilt auch als unentschieden, wenn mindestens zwei von drei Punktrichtern den Kampf als unentschieden bewerten, unabhängig von der dritten Wertung.

Das seit Mitte des 20. Jahrhunderts am häufigsten verwendete Punktesystem ist eben das 10-Point-Must-System, das so genannt wird, weil ein Kampfrichter mindestens einem Kämpfer in jeder Runde zehn Punkte zuerkennen "muss" (vor Abzügen für Fouls). Die meisten Runden werden mit 10-9 gewertet, wobei 10 Punkte an den Kämpfer gehen, der die Runde gewonnen hat, und 9 Punkte an den Kämpfer, der nach Ansicht des Richters die Runde verloren hat. Wird eine Runde als ausgeglichen betrachtet, wird sie mit 10-10 gewertet. Gibt es einen deutlichen Leistungsunterschied zwischen den beiden Kämpfern, wird der Kampf mit 10-8 oder sogar, aber seltener, mit 10-7. Wenn der Schiedsrichter die Seitenkampfrichter anweist, einen Punkt für ein Foul abzuziehen, wird dieser Abzug nach der vorläufigen Berechnung vorgenommen. Wenn ein Kämpfer eine Runde gewinnt, aber für ein Foul bestraft wird, ändert sich das Ergebnis von 10-9 in 9-9.
Wird ein Kampf aufgrund eines Cuts, der durch einen legalen Schlag verursacht wurde, abgebrochen, erhält der Verursacher des Schlages einen Sieg durch technischen KO. Deshalb werden sogenannte "Cutmen" eingesetzt, deren Aufgabe es ist, Cuts zwischen den Runden zu behandeln, damit der Kämpfer trotz der Wunde weitermachen kann.
Fazit
Das 10-Point-Must-System ist für das Training im Gym zwar jetzt nicht relevant, aber es schadet auch nicht, darüber Bescheid zu wissen. Man will ja schließlich auch Kämpfe ansehen und wissen, wie die Entscheidungen zustande kommen. Erfahrungsgemäß können wir sagen, je mehr Kämpfe man gesehen hat, desto besser kann man sie dann auch selbst, anhand dieses Systems bewerten und in den allermeisten Fällen deckt sich diese Einschätzung dann auch mit denen der Punktrichter.
Und die meisten der oberen Regel im Training zu beachten gebietet eigentlich der gesunde Menschenverstand. Je mehr man jedoch mit dem regulatorischen Rahmen des Sports vertraut ist, den man ausübt, desto selbstbewusster bewegt man sich auch innerhalb dessen.
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