Kleidung & Ausrüstung [MMA-Serie]
- versus
- 6. März 2023
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Juli 2024
In diesem Teil unserer MMA-Serie befinden wir uns rein theoretisch immer noch vor der ersten Trainingseinheit im Gym und wollen daher der fundamentalen Frage nachgehen, welche Kleidung und vielleicht Ausrüstungsgegenstände man denn zum Trainieren und allgemeinen Ausüben dieser Sportart benötigt.
von versus
Und na ja, eigentlich könnten wir uns an dieser Stelle schon einen Haufen Tipparbeit sparen, denn rein theoretisch benötigt man gar nichts dazu. Die Pankratiasten im alten Griechenland haben schließlich auch nackt gekämpft.
Aber wie wir gleichfalls bereits gelernt haben, hat sich der Sport, dessen Regeln und Konventionen, über die Jahrtausende weiterentwickelt. So eben auch die Schutzmaßnahmen und entsprechendes Zubehör. Denn auch wenn Tiefschläge nicht mehr erlaubt sind (danke an wen auch immer), ist man mit einem Tiefenschutz trotzdem auf der sicheren Seite, sollte man mal in ein zuckendes Knie der Half-Guard fallen.
Deshalb werfen wir zunächst mal einen Blick auf die Profikämpfer. Da stechen uns zuvorderst die besonderen Handschuhe in die Augen, die auch das ersichtlichste Alleinstellungsmerkmal des Sports sind.
Handschuhe

MMA-Handschuhe haben eine offene Handfläche und freiliegende Finger, um das Greifen des Gegners beim Grappling zu erleichtern oder gar zu ermöglichen. Die Fäuste sind mit einer Polsterung oder einem anderen Material überzogen, um die Hand vor dem Aufprall bei Schlägen zu schützen. Vor der Einführung von Handschuhen mit offenen Fingern wurden gemischte Kampfsportarten mit bloßen Händen ausgeübt, aber es gab zu viele Fälle, in denen die Fäuste durch Schläge und Hiebe verletzt oder gebrochen wurden. Diese Zufälle macht es in einer Wettkampfsituation unmöglich, den besseren Kämpfer festzustellen. Die Handschuhe sollen auch die Anzahl der Kampfabbrüche durch den Arzt, wegen zu tiefer Cuts, reduzieren.
Die Handschuhe schützen die Hände also vor allem vor Kratzern, Schürfwunden und Verletzungen wie Mittelhandknochenbrüchen. Sie sind mit einem stabilisierenden Klettverschluss ausgestattet, um ferner die Belastung des Handgelenks bei einem Aufprall zu verringern.
MMA-Handschuhe sind viel kleiner und leichter als typische Boxhandschuhe. Zum Beispiel beginnen Erwachsenen-Boxhandschuh Größen bei 10 Unzen und gehen bis zu 16 Unzen (Unzen sind die konventionelle Größeneinheit für Kampfsporthandschuhe, wobei eine Unze ungefähr 28,35 Gramm entspricht). Im MMA ist der Bereich ist viel kleiner - 4 bis 6 Unzen. Sie werden meist aus synthetischem und tierischem (Rinds-)Leder hergestellt. Sie haben praktischerweise durch die frei liegende Handinnenseite auch eine bessere Belüftung. In Profi-Wettkämpfen werden 4 Unzen vorgeschrieben, bei den Amateuren meist 6.
Die ersten Handschuhe, die die Hände schützten, aber die Finger frei ließen, kamen Ende der 1980er Jahre im japanischen Shooto für Shoot-Wrestling-Kämpfe (Ringkämpfe mit erlaubten Schlägen) auf. In den Vereinigten Staaten war einer der ersten Kämpfer, der diese Art von Handschuhen verwendete, der legendär unsympathische David "Tank" Abbott, der Anfang der 1990er Jahre bei den ersten UFC-Galas kämpfte. 1997 wurde es in der UFC zur Pflicht, mit Handschuhen zu kämpfen, und Ende desselben Jahres praktisch landesweit.
Es gibt auch Sparringhandschuhe, die um die Faust dicker gepolstert sind, um die Hände besser zu schützen, und bei denen die Finger von außen geschützt sind, wobei die andere Seite zum Greifen frei bleibt. Diese erinnern optisch an Karatehandschuhe.
In den meisten Anfängertrainings können auch gern Boxhandschuhe verwendet werden. Aber vielleicht sollte man davor den Trainer fragen, was Schwerpunkt der aktuellen Trainingseinheit sein wird, weil man sich damit natürlich beim Grapplen schwerer tut.
Mundschutz

Auch "Mouthguard" genannt, ist nach den Handschuhen die zweit-essentiellste Schutzausrüstung für das Training, das Sparring und den Wettkampf. Im Gegensatz zu den Handschuhen, lässt sich ein intensives Training ohne Mundschutz zwar durchführen, doch es ist alles andere als empfohlen. Wer bei einem Takedownversuch bereits gegen ein Knie gelaufen ist, weis um das ekelhafte Gefühl lockerer Vorderzähne.
Das Anfängertraining ist zwar meist zaghaft genug, um zu denken, dass ein Mundschutz vielleicht nicht nötig ist, aber es bricht einem auch kein Zacken aus der Krone, ihn doch einzusetzen. Ein Ellbogen auf Spannung im Grappling kann eben auch gern mal ausrutschen.
Der Mundschutz wird über die Zähne des Oberkiefers gelegt. Das Material ist meist Acryl oder Gummi. Wenn beim Sport ein Schlag oder ein Ball auf den Zähnen landet, verteilt der Mundschutz den Impuls auf mehrere Zähne, wodurch das Risiko von Zahnschäden deutlich verringert wird. Sollte sich dennoch ein Zahn lösen, sorgt der Mundschutz dafür, dass dieser nicht verloren geht. Ebenso schützt er die Lippen und die Schleimhaut vor Schnitten durch die Zähne. So soll das Verletzungsrisiko von 60 auf 5 % reduziert werden.
Es gibt auch den doppelten Mundschutz, bei dem das gesamte Gebiss ist geschützt ist, wobei diese Variante in der Regel das Atmen durch den Mund erschwert. Daher verwenden die meisten Kämpfer einen einfachen Mundschutz.
Die auf dem Markt erhältlichen Mundschutztypen reichen von Standard- und nicht anpassbaren Größen, über thermoplastische Materialien, auf die, nach dem Einweichen in kochendem Wasser, gebissen wird, um beim Abkühlen die Kiefer- und Zahnform beizubehalten, bis hin zu professionellen Modellen, die direkt von einem Zahnmediziner aus dem Zahnabdruck des Sportlers hergestellt werden.
Es kann auch argumentiert werden, dass das Tragen eines Mundschutzes positive psychologische Auswirkungen auf den Kämpfer hat. So gibt es ihm ein größeres Sicherheitsgefühl, was die Risikobereitschaft beim Schlagabtausch erhöht und ebenso kann man sich mehr auf die Offensive konzentrieren, ohne vom Gedanken an die Unversehrtheit der Zähne abgelenkt zu werden.
Unser Tipp ist sich gleich mehrere Mouthguards zu kaufen, da sie erfahrungsgemäß schnell verloren gehen oder im Gym verwechselt und fälschlicherweise eingepackt werden (deswegen sollte man das Etui auch für sich kennzeichnen).
Tiefenschutz

Analog zum Mundschutz ist ein Training ohne Tiefenschutz (auch Leistenschutz oder Suspensorium genannt) möglich, aber auf keinen Fall empfohlen. Zu oft stürzt man mit voller Wucht in die Guard eines umgeworfenen Gegners und dabei auch häufig in dessen Knie oder Schienbein. Um dabei die Leistengegend zu schützen, kann ein spezieller anatomischer Becher aus Hartplastik, Metall oder, seltener, Schaumgummi in einer mit elastischen Stützbändern versehenen Halterung um die Hüfte (und über der Unterwäsche, nicht direkt auf der Haut) getragen werden. Der Rand der Schale ist mit einer elastischen Polsterung versehen, die sich an den Körper anschmiegt und Stöße abfedert.
Beachtet dabei jedoch, dass ein Hartschalensuspensorium im BJJ-Training von vielen Trainern nicht gern gesehen wird. So kann ein harter Tiefenschutz beispielweise bei einer Armbar zu schweren Verletzungen am Armgelenk des Trainingspartner führen. Viele Turniere verbieten aus diesem Grund auch diese Art von Cups, weswegen man auch gleich üben sollte, ohne diese zu kämpfen. Beim MMA sind diese jedoch Pflicht. Alternativ gibt es extra gepolsterte Unterwäsche.
Rashguard
Beim "Rashguard" kommen wir nun schon zu den optionalen aber auf Dauer doch empfehlenswerten Ausrüstungsgegenständen. Vor allem zu Beginn eines neuen Hobbys will man vielleicht noch nicht zu viel Geld dafür ausgeben, bis man weiß, dass man länger bei der Sache bleiben wird. Daher ist es kein Problem zu Beginn mit einem normalen T-Shirt zu trainieren. Die Vorteile eines Rashguards (aus Elastan und Polyester) werden euch aber zunehmend bei euren Trainingspartner auffallen. Im Gegensatz zum Baumwoll-T-Shirt durchnässt der Rashguard weniger ekelhaft, verrutscht nicht, bleibt nicht hängen und reißt wesentlich seltener. Aber nochmal auf Anfang: Was ist ein Rashguard überhaupt?
Ein Rashguard ist ein eng anliegendes Hemd aus synthetischen Materialien, das die Haut schützen soll. Die Ursprünge liegen im Surfen, wo ein hautenges Hemd zum Schutz vor Abrieb am Brett und als leichteres Kleidungsstück als ein Neoprenanzug zum Schutz vor der Sonne verwendet wurde.
Übertragen auf das MMA bietet der Rashguard beispielsweise Schutz vor den Nägeln des Gegners und vor Abrieb auf der Kampffläche. Auch kann man ihn für das Muay Thai Training tragen, um die Ellenbogen, vor allem am Anfang vom Training, vor dem Aufreiben am Sandsack zu schützen.
Manche Rashguards regulieren sogar die Körperwärme, indem sie den Schweiß, durch spezielles Gewebe, nach außen tragen.
Ein anderer wichtiger Aspekt ist die Hygiene. Durch einen Rashguard wird auch das Eindringen von Sekreten des Gegners wie Schweiß, Speichel und Blut verhindert und schützt vor Krankheiten, die direkt von Haut zu Haut übertragen werden können. Es ist also auch eine Form der Höflichkeit einen Rashguard zu tragen, um den Trainingspartner wenigstens ein bisschen vor der eigenen Schweißproduktion abzuschirmen.
Leggings

Für Kampfsport-Leggings gelten alle oben genannten Prinzipien des Rashguards ebenfalls. Einschließlich des Schutzes der Haut an den Knien bei Knieschlag-Drills im Muay Thai gegen den Sandsack. Deshalb empfehlen wir diese auch, wenn man gerade frisch mit dem Sport beginnt. Aber auch bei Single- oder Double-leg-Takedowns auf etwas raueren Matten. Bei diesem Angriff schleift ein Knie nämlich gerne mit Wucht kurzzeitig über den Boden. Blutige Kniee sind im Anfängertraining daher keine Seltenheit. Leggings können diese verhindern.
Bandagen

Wieso erwähnen wir die Bandage erst so weit unten in unserem Artikel? Sieht man sie doch so häufig in stilisierten Designs, die in einem Kampfsportkontext stehen. Wir sind jedoch der Meinung, da man am Anfang sowieso noch nicht so fest auf den Sandsack (und schon gar nicht auf den Trainingspartner) einschlägt, sondern man sich zu Beginn vor allem auf die saubere Ausführung der Technik konzentrieren sollte, sind Bandagen eher unnötig. Auch wenn sie verdammt cool aussehen. Der Hauptzweck dieser ist jedoch, die Handknochen und das Handgelenk vor dem Aufprall zu schützen. Verwendet ihr jedoch eh schon Handschuhe, die eben diesen Zweck bereits erfüllen, sind die Bandagen erstmal nicht so wichtig. Wir halten euch aber selbstverständlich auch nicht davon ab, welche zu tragen; wir sehen die Priorität jedoch nicht so weit oben. Ab einem intensiveren Training, Sparring, Hard Sparring und vorgeschriebenermaßen beim Wettkampf, müsst ihr dann eure Hände bandagieren.
Wir wollen aber auch nicht unterschlagen, dass Handbandagen auch schweißabsobierend wirken und so die Langlebigkeit der Handschuhe verbessern können.
Es gibt unterschiedliche Methoden die Hände zu bandagieren und wir werden dem Thema bei Zeiten einen eigenen Artikel widmen.
Im Training kann ein und dieselbe Bandage mehrfach verwendet werden. In der Regel sind Boxbandagen nicht elastisch. Die Größe der Bandagen kann je nach Regeln, persönlicher Vorliebe, Handgröße und Handschuhgröße variieren.
Eine Alternative zu Boxbandagen können spezielle Handschuhe mit offenen Fingern sein, die unter Box- oder MMA-Handschuhen getragen werden. Diese Handschuhe sind zeitsparend (weil die Bandage gewickelt werden muss), aber weniger wirksam.
Shorts

Über den bereits besprochenen Leggings kann man gerne Shorts tragen. Dabei gibt es nicht viel zu beachten, außer, dass eine große Bewegungsfreiheit im Schritt gegeben sein sollte.
Beliebt im Training sind Muay Thai Shorts, da diese sehr kurz sind, (und dadurch die Oberschenkel bei Kicks nicht behindern), sehr weit (ausladende Hüftbewegungen sind möglich) und an den Seiten einen Einschnitt haben und so miximale Bewegungsradien zulassen.
Es gibt bei einschlägigen MMA-Sportartikel-Herstellern (wie RDX oder Venum) aber auch eigene MMA-Hosen, die vor allem im Schritt ausgeweitet und sehr zu empfehlen sind.
Honorary mentions

Fußknöchelmanschetten sind unter Muay Thai Kämpfern und Kickboxern aus mehreren Gründen sehr beliebt. Durch das häufige auf- und wieder absetzen der Füße sind die Knöchel bei diesen Disziplinen besonders stark beansprucht. So haben die Knöchelmanschetten eine stabilisierende Wirkung, die einer Verletzung vorbeugen können, aber ebenso werden die Knöchel durch diese, nach einer frisch überwundenen Verletzung, geschont. Das selbe Prinzip lässt sich auch auf die oft gesehenen Kniemanschetten übertragen.
Socken empfehlen wir dann, wenn vor allem Takedowns trainiert werden. Manche Gyms verwenden angeraute Matten um den Trainierenden mehr Grip zu bieten, diese können aber wie Schleifpapier wirken. Und aufgeriebene Haut an den Füßen verheilt langsam und ist konstant nervig. Der Nachteil der meisten Socken ist jedoch, dass man dadurch stark an Grip einbüßt. Man sollte diese also nur bei Technikübungen einsetzen und weniger für das Sparring. Alternativ kann man sich auch über die anfälligen Stellen, wie die Zehenknöchel, Pflaster kleben.
Dies bringt uns zu unserem letzten Gadget, den Fingertapes. Vor allem im BJJ beliebt, ist es sich die Finger zu tapen. Dies hat ähnlich der Knöchelmanschetten eine stabilisierende Wirkung und kann dem Überdehnen der Finger entgegenwirken. Tutorials zum richtigen tapen gibt es zahlreiche im Netz.
Fazit
Das hört sich jetzt alles nach viel an, aber denke daran, dass das meiste optional ist. Rein theoretisch reichen die Handschuhe, ein Shirt, und eine Hose zu Beginn aus, wenn du bei deinen ersten Einheiten nicht 110% gibst. Konzentriere dich auf die saubere Ausführung der Techniken und steigere deine Kraft und Explosivität graduell mit der Zeit. Mit zunehmender Intensität und wenn du festgestellt hast, dass du dem Sport noch etwas länger treu bleiben willst, kannst du peu à peu die restlichen Gadgets, mit einer Priorisierung der Schutzausrüstung, dazu kaufen.
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