Serienstart Kalligrafie [Kalligrafie-Serie]
- versus
- 25. Juli 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Jan.
Wer ebenfalls der Ansicht ist, noch nicht genug altmodische Hobbys angesammelt zu haben, um sich vom Rest der eigenen Altersgruppe oder der Gesellschaft im Allgemeinen zu entfremden, der wird an Kalligrafie sehr viel Freude haben. Aber tatsächlich erlebt gerade seine Renaissance, und für wen das ebenfalls überraschend ist, der sollte auf den üblichen Social Media Plattformen nach dem entsprechenden Hashtag suchen. Die Professionalität der Videos der medienkompetenten, jungen Kalligraphen und deren Followerzahlen sprechen für sich. Ja, die Rede ist tatsächlich von Kalligrafie-Influencern.
von versus

Aber erst mal alles auf Anfang: Kalligrafie ist die Kunst des Schreibens in schöner, kunstvoller und korrekt geformter Handschrift, die verschiedenen Stilen folgt. Eine knappere Definition der Kalligrafie ist "die Kunst, schön zu schreiben". Die Geschichte der Schönschrift ist eine Geschichte ästhetischer Entwicklungen, die von den technischen Fähigkeiten, der Geschwindigkeit und den materiellen Beschränkungen verschiedener Menschen, Zeiten und Orte geprägt ist.
Die Kalligrafie ist eine Kunst, bei der der abstrakte Ausdruck wichtiger sein kann als die Lesbarkeit der Buchstaben. Die klassische Kalligrafie unterscheidet sich von der Typografie und der nicht-klassischen Handschrift, obwohl ein Kalligraf in der Lage sein kann, alle diese Schriften zu schaffen. Fast alle schriftkundigen Zivilisationen haben die Kunst der Kalligrafie entwickelt, einige von ihnen haben sie jedoch in Abhängigkeit von bestimmten historischen oder philosophischen Kontexten zu einem besonderen Status erhoben.

Die westliche Kalligrafie entwickelte sich völlig unabhängig von der japanischen und chinesischen. Sie basiert auf dem lateinischen Alphabet, das im Mittelalter von Mönchen zum Schreiben auf Pergament verwendet wurde. Etwa zur gleichen Zeit entwickelte die islamische Kultur ihre eigene, auf dem arabischen Alphabet basierende Kalligrafie, die aufgrund des religiösen Verbots, Lebewesen abzubilden, zu einer in der Architektur weit verbreiteten dekorativen Kunst wurde. Nach der Erfindung des Buchdrucks durch Gutenberg wurden Bücher viel weiter verbreitet als zuvor und die Kalligrafie verlor zugunsten der Typografie an Bedeutung.
Später war es der Kugelschreiber, die Schreibmaschine und der Computer, die dazu geführt haben, dass die Kalligrafie aus unserem Alltag verschwunden ist. Heute ist sie jedoch eine sehr lebendige Kunst, die die Schrift mit anderen künstlerischen Disziplinen wie Zeichnung und Malerei verbindet und Werke von großer plastischer Schönheit hervorbringt. Die Kalligrafie ist in der Werbung, in Firmenlogos und auf den Etiketten vieler Produkte allgegenwärtig. Allerdings hat die Verwendung der Kalligrafie im Laufe der Zeit abgenommen.
Werkzeuge

Die wichtigsten Werkzeuge eines Kalligrafen sind die Feder und/oder der Pinsel (abhängig vom gewünschten Stil). Kalligrafie-Stifte schreiben mit flachen, runden oder spitzen Federn. Für einige dekorative Zwecke können Stifte mit mehreren Spitzen - ähnlich wie Gabeln - verwendet werden. Schreibtinte ist in der Regel wasserbasiert und wesentlich dünnflüssiger als die für den Druck verwendeten Öltinten. Bestimmte Spezialpapiere mit hoher Tintenaufnahmefähigkeit und gleichmäßiger Textur ermöglichen sauberere Striche, obwohl häufig Pergament oder Velin verwendet wird, da mit einem Messer Unebenheiten ausradiert werden können und kein Leuchtkasten (eine Zeichenunterlage, die das Papier von unten durchleuchtet) erforderlich ist, um die Linien durchscheinen zu lassen. Normalerweise werden Leuchtkästen und Schablonen verwendet, um Hilfslinien zu zeichnen, ohne dass die Bleistiftstriche das Werk beeinträchtigen.
Der Plan

Sollte man je bereut haben, nicht bereits als Kind oder Jugendlicher, seine künstlerische Kreativität mit Stift und Papier erforscht zu haben, der bekommt jetzt die ultimative zweite Chance: Die Kalligrafie ist wahrscheinlich der beste Einstieg in die Welt der bildenden Künste. Dadurch, dass jeder von uns schreiben gelernt hat, ist die Einstiegshürde sehr gering, sich hinzusetzen und die Buchstaben, die man seit seiner Kindheit bereits zigtausende Male geschrieben hat, dieses Mal nur "in schön" auf das Papier zu malen. Man vergleiche das nur mit dem Versuch, ein Pferd zu Papier zu bringen, ohne jegliche Zeichen- und Kunsterfahrung. Man sieht wohl schneller befriedigendere Fortschritte, wenn man mit der Kalligrafie beginnt.
Die Beschäftigung mit der Kalligraphie bietet außerdem nicht nur ästhetische Vorteile, sondern fördert auch kognitive Funktionen. Die bewussten und präzisen Handbewegungen, die für die Herstellung jedes einzelnen Buchstabens erforderlich sind, verbessern die Feinmotorik und die Hand-Augen-Koordination. Außerdem fördert der meditative Charakter der Übung eine längere Aufmerksamkeitsspanne und Achtsamkeit. Studien deuten darauf hin, dass solche Aktivitäten Stress abbauen und die Konzentration verbessern können, was Kalligrafie zu einer wertvollen Beschäftigung macht, die sowohl geistige Klarheit als auch kreativen Ausdruck fördert.

Die westliche Kalligrafie lässt sich in zwei grobe Strömungen unterteilen: Diejenige mit breiten, senkrechten Linien (bekannt als u.a. Fraktur) und diejenigen mit dünnen, dynamischen Linien. Daher haben wir unseren Skilltree dementsprechend aufgeteilt. So könnte man beispielsweise letztere für längere Texte (z. B. Briefe) und Fraktur für Überschriften und kurze Zitate verwenden.
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